Dienstag, 20. Dezember 2011

Ist der Feind meines Feindes mein Freund?

Gerade anlässlich des Todes von Kim Jong il, des "lieben Führers" der Demokratischen Volksrepublik Korea, fällt mir wieder eines ins Auge.
Bei den Mainstream - Medien herrscht ohnehin die Linie vor, den verstorbenen "Kaiser" zu monsterisieren, und mit ihm Nordkorea als Land. In diesem Zusammenhang wird natürlich auch immer wieder die Geschichtslüge bemüht, wonach Nordkorea am 25.6.1950 über das "demokratische" Südkorea "hergefallen" wäre.
Die Funktion dieser Propaganda ist klar: Strategie der Spannung durch US-Imperialismus und Vasallen im ostasiatischen Raum, um diskret den wirtschaftlichen Konkurrenten China zu bekämpfen.
Doch auf der anderen Seite findet sich in vielen kritischen Blogs eine geradezu frappierende Verherrlichung und Verharmlosung des nordkoreanischen Systems auf der anderen Seite.
Und das nicht etwa nur durch Erz-Stalinisten, sondern ich beobachte, dass auch Blogs von Betreibern, die ganz und gar nicht in stalinistische Zusammenhänge einzuordnen sind, sich einer solchen Lobhudelei des nordkoreanischen Regimes hingeben.

Nicht, dass das nicht verständlich wäre. Die Propaganda der Medien gegen Nordkorea übertreffen bei weitem jedes Maß.
Es ist völlig richtig, diese Propaganda und die von ihr angestrebten Ziele zu bekämpfen und zu entlarven.

Aber etwas völlig anderes ist es, sich deshalb mit dem Kim-System etwa zu solidarisieren oder zu identifizieren.
Jedenfalls wenn man vom Standpunkt der Arbeiterklasse ausgehen will. Zwar behauptet das nordkoreanische Regime, eine Regierung der Arbeiterklasse zu sein, sogar eine "Diktatur des Proletariats", aber seit wann dürfen politische Regimes nur an ihren eigenen Ansprüchen gemessen werden?

Das nordkoreanische Regime der DVRK ging aus einer der grössten Niederlagen der koreanischen Arbeiterbewegung hervor, faktisch aus der Zerschlagung aller Ansätze einer wirklich unabhängigen Arbeiterbewegung in Korea. Gewiss leistete der US-Imperialismus mit seinen südkoreanischen Marionetten die Hauptarbeit (u.a. das Bodo League Massaker 1950-51 in Südkorea).
Aber das Kim Il Sung-Regime leistete einen kräftigen Beitrag dazu.
Der Schwerpunkt der koreanischen Arbeiterbewegung lag nämlich immer in Südkorea, dort wurde auch die Kommunistische Partei Koreas begründet und dort entstanden alle koreanischen Gewerkschaftsverbände, schon in der Illegalität der japanischen Kolonialzeit.

Tausende von Arbeiteraktivisten flohen 1946-1950 nach Nordkorea, um dort Schutz vor der Repression und den Massakern des US-Marionettenregimes unter Syngman Rhee zu finden. Sie wurden dort, zum Teil noch während des Krieges, Opfer von Säuberungen des Kim Il Sung Regimes.
Dieser verdankte seinen Aufstieg auch lediglich der Tatsache, dass er als Offizier in einer Einheit der Sowjetarmee gedient hatte während des 2. Weltkrieges.
Und wenn ich hier von Säuberungen rede, dann meine ich: Erschiessungen und Tötungen durch Arbeit in Straflagern.
Das Kim Il Sung Regime vollendete somit, was der US-Imperialismus plus Marionetten begonnen hatte: die Vernichtung der unabhängigen Arbeiterbewegung Koreas.

Das monarchistische Kim-Regime verdient auch keineswegs für die Zeit nach dem Koreakrieg beschönigende Worte. Die sogenannte Juche-Ideologie ist eine reaktionäre Utopie reinsten Wassers.
In seiner vorliegenden Form dient es - ob gewollt oder ungewollt - nur den Interessen des US-Imperialismus.

Ist Nordkorea ein bürokratisch deformierter Arbeiterstaat?
Wenn man davon ausgeht, dass eine Bourgeoisie in Nordkorea nicht mehr existiert und die Produktionsmittel in staatlicher Hand sind, dann kann man diese Definition schon akzeptieren.

Das Staats- und Regierungssystem aber ist zu 100% ein reaktionäres und arbeiterfeindliches. Dies betrifft nicht nur seine kryptoparlamentarische Struktur (Nachäffung des bürgerlichen Parlamentarismus mittels "Vaterländischer Front"), sondern auch das Fehlen jeglicher demokratischen Rechte für die Arbeiterklasse selbst. Von der Existenz von Arbeiterräten, die die Produktion kontrollieren (wesentliches Kennzeichen für einen Arbeiterstaat) ganz zu schweigen.

Das Hauptproblem aber ist, dass Nordkorea für die imperialistische Propaganda immer noch dafür herhalten muss zu beweisen, dass ein Arbeiterstaat immer zu Diktatur über die Arbeiterklasse, bürokratisch ineffiziente Planwirtschaft, Hungersnot etc führen würde.
Das kimilsungistsiche Regime zu idealisieren bedeutet daher, der imperialistischen Propaganda direkt und unmittelbar in die Hände zu spielen.
Die bestehende Situation ist genau so vom Imperialismus gewollt und ist ihm nützlich.

Nur eine doppelt revolutionäre Wiedervereinigung Gesamt-Koreas könnte diesen Zustand aufheben.
Eine unabhängige Arbeiterbewegung, die diesen Namen wirklich verdient, gibt es derzeit nur in Südkorea. Sie hat die Kapitalistenklasse im Süden gezwungen, die jahrelange Militärdiktatur aufzugeben (erst 1988).
Im Prinzip müssen die Machthaber im Süden wie im Norden beide gestürzt werden, die anachronistische Monarchie-Bürokratie im Norden und die US-hörigen Kapitalisten im Süden.
Arbeiterräte müssten im Norden wie im Süden die Kontrolle über die Produktion übernehmen und die einander gegenüber stehenden Heere an der Demarkationslinie durch territoriale Arbeitermilizen ersetzt werden.

Jede andere Variante kann die explosive Situation auf der koreanischen Halbinsel nicht auflösen.
Gewiss mag dies als eine ferne Zukunftsperspektive erscheinen gegenwärtig, aber es gilt den Blick dafür zu öffnen, dass eigentlich keine andere Alternative existiert.

Für die Arbeiterklasse im Süden jedenfalls kann das klaustrophobische stalinistische Regime im Norden keine Alternative darstellen. Und schon gar nicht eine Art nationaler Konföderation, wo die nordkoreanische Arbeiterklasse billige Arbeitskräfte für die Kapitalisten des Südens liefern soll (eine solche Lösung hatten Kreise der südkoreanischen Kapitalisten und nordkoreanischer Bürokraten schon angedacht und sogar teilweise schon praktiziert).
Die Restauration des Kapitalismus im Norden ist schon mal gar keine Lösung weder für die nordkoreanische noch die südkoreanische Arbeiterklasse, noch viel weniger gegenwärtig in der neoliberalen Phase des faulenden Spätkapitalismus.

Doch zurück zur Ausgangsfrage.

Wenn man auf dem Standpunkt der Interessen der Arbeiterklasse steht, dann ist eben der Feind meines Feindes nicht unbedingt mein Freund.
Denn Kapitalisten sind untereinander ebenso verfeindet, wie es Kapitalisten mit Stalinisten auch sind.

Der Sache der Arbeiterbewegung wird also kein Dienst geleistet, wenn man den nordkoreanischen Stalinismus idealisiert.

*HEUTE* Solidarität mit den Empörten vom Tahrir-Square!

(Termin bereits verstrichen!)

20. Dezember 2011

Die ganze Welt sieht, was in Ägypten passiert!

Nach neuesten Informationen wurden in Kairo bei den gestrigen
Auseinandersetzungen mindestens 10 Menschen brutalst getötet und über 400 verletzt. Die Zeltstadt am Tahrir-Platz wurde zerfetzt.

+++ Überall in Europa und auch in vielen Städten Deutschlands sammeln sich heute gegen Abend die Menschen, um gegen die Gewaltexzesse in Agypten zu protestieren - nehmt teil an dieser Solidarisierung!

+++ Berlin: KOMMT heute um 17 UHR zur ÄGYPTISCHEN BOTSCHAFT!
(Adresse: siehe unten )


Wir, die Empörten von Europa, die wir durch den Mut der tunesischen und ägyptischen Revolutionär_innen inspiriert worden sind, erklären:

Wir sahen am 25. Januar die revolutionären Menschen auf dem Tahrir Platz und verspürten ebenfalls Lebensmut und Trotz gegen unsere Erniedrigung.

Wir nutzten unsere sozialen Netzwerke, um ihre Aussagen, ihre Hoffnung aber auch ihre Schreie in die Welt zu schicken.

Wir teilten ihre Träume und ihre Tränen.

Durch sie wurde der Äther mit Freiheit, Demokratie und Würde
angereichert, der als frischer Wind auch unsere Segel füllte.

Ihre Botschaft ist auch unsere Botschaft !

Ihre Stimmen erreichten am 15. Mai Europa und verbanden sich mit den Stimmen des Aufbegehrens in der Puerta des Sol in Spanien und auf vielen weiteren Plätzen in Europa, am 17. September erreichten sie New York in den USA und erklangen am 15. Oktober 2011 in der gesamten Welt.
Und schon laufen auch wieder in vielen Städten vielstimmige
Vorbereitungen für einen nächsten globalen Aktionstag am 15. Januar 2012.

Zum ersten mal in der menschlichen Geschichte organisieren sich Menschen jenseits der etablierten Parteien und Institutionen auf globaler Ebene selbst und kämpfen für eine bessere Welt!

In diesen Tagen fordern die Protestierenden in Ägypten eine
Zivilregierung, denn die Militärregierung hält an Ausnahmegesetzen, willkürlichen Festnahmen, Folter und Tötungen fest. Mehr als 12.000 Demonstranten und Blogger sitzen noch in den Kerkern des Militärs und ein fairer Wahlkampf wurde dadurch unmöglich. Vor einem Monat mussten wir mit ansehen, wie die friedliche Platzbesetzung des Tahrir durch
Geheimdienstprovokation gewalttätig angegriffen wurde und eskalierte.
Die friedliche Versammlungsfreiheit der Ägypter*innen wurde durch
toxisches Tränengas und mittels Gewehrkugeln ermordet. Dadurch wurde
weltweit sichtbar, dass unter dieser Militärherrschaft keine Demokratie entstehen kann. Diese Ansicht wird noch unterstrichen durch die Aussage von General Abdel Moneim Kato (ebenfalls Mitglied der SCAF), dass die Protestierenden “in Hitlers Öfen verbrannt werden sollten”.

Deshalb stehen wir in der Forderung nach einem Ende der Militärtribunale und -herrschaft an der Seite unserer Brüder und Schwestern in Ägypten.
Zivilist*innen müssten die Macht bekommen, Willkür abzulehnen und Herrschaft den Gehorsam zu verweigern. Diese Ansicht vereint uns als Empörte weltweit.

Wir zeigen heute unsere Solidarität mit den Protestierenden in Ägypten und fordern von den europäischen Regierungen, dem Europarat und insbesondere der deutschen Regierung die sofortige Einstellung jeder wirtschaftlicher und diplomatischer Unterstützung der SCAF, insbesondere den Waffenlieferungen. Von den Botschaftsmitarbeiter*innen fordern wir, dass sie sich von der SCAF distanzieren und sich klar und deutlich gegen
deren Menschenverachtung positionieren.

Wir demonstrieren heute vor den Ägyptischen Botschaften in europäischen Städten:

Von Paris bis Berlin, von Barcelona bis Amsterdam stehen wir an der Seite der Protestierenden von Ägypten.

Wir, die Empörten von Europa zeigen unseren ägyptischen Geschwistern Liebe und Solidarität.

Wir fordern die Verantwortlichen des Ägyptischen Militärs dazu auf,
sofort mit den grauenhaften Gewalttaten (verbal und real) gegen die protestierenden Zivilisten aufzuhören !

Hört damit auf, das Begehren der ägyptischen Bevölkerung zu ermorden, hört damit auf, die Zukunft Eurer eigenen Kinder zu töten !

Schluss mit dem Leid, es ist jetzt die Zeit für Frieden, Freiheit und
Demokratie !

Die Menschen sind vereinigt in ihrem Wunsch, die Militärherrschaft und Willkür zu beenden. Sie wollen eine Zivilgesellschaft mit ziviler Regierung. Nichts – nicht einmal die Brutalität des Gases, der Knuppel, der Folter und die totbringenden Kugeln aus den Gewehren können sie bezwingen!

Die ganze Welt sieht, was in Ägypten passiert!

Auch wir werden nicht damit aufhören, gegen Folter und Mord an unseren ägyptischen Gefährt*innen unsere Stimme zu erheben und mit ihnen auf die Straße zu gehen bis wir unser Ziel erreicht haben: eine humane, gerechte und echte demokratische Gesellschaft!

+++ Überall in Europa und auch in vielen Städten Deutschlands sammeln sich heute gegen Abend die Menschen, um gegen die Gewaltexzesse in Agypten zu protestieren - nehmt teil an dieser Solidarisierung!

+++ Berlin: KOMMT heute um 17 UHR zur ÄGYPTISCHEN BOTSCHAFT!
Ort: Stauffenbergstr. 6-7, Berlin-Tiergarten
S-Bahn: Potsdammer Pl. |
Google-map: http://tinyurl.com/76t3z9x


-------- bitte weiter verteilen - und teilnehmen! ---------------


Das hier angefügte Doku-Video (dessen arabischer Vorspann wir bisher leider noch nicht übersetzen konnten) lässt einem angesichts der enthemmten Gewalt der 'Sicherheitskräfte' erstarrren - bitte also Vorsicht vor dem Anklicken! Es ist nur für_sehr_ abgehärtete Gemüter überhaupt erträglich...
http://www.youtube.com/watch?v=4iboFV-yeTE&feature=player_embedded

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