Sonntag, 11. März 2012

Bericht über eine Fukushima-Aktion in Wien

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Genossinnen und Genossen,

unter
http://japankomitee.wordpress.com/kundgebung-ein-jahr-nach-fukushima/
findet ihr einen ersten Bericht von der heutigen Kundgebung vor der japanischen Botschaft und Links zu allen dort vorgelesenen oder eingespielten Grubotschaften.

Herzlich danken möchte ich der kleinen Gruppe von Menschen aus dem Kreis dieser Verteilerliste, die einer Stunde lang äußerst unfreundlichen Wetterverhältnissen getrotzt haben.

Ebenfalls sei auf diesem Wege dem GLB gedankt, der noch kurz vor dem Termin unsere Kundgebung auf seiner "News-Seite" prominent angekündigt hat. Auch die KPÖ hat dankenswerterweise auf die Kundgebung hingewiesen.

Ein persönliches Wort möchte ich doch noch anschließen:

Wir haben mit sehr viel Energie und Mühe diese Kampagne begonnen und einige Fortschritte gemacht: es sind doch einige Spenden eingegangen, aber natürlich immer noch sehr wenig, gemessen an den Kosten, welche die Errichtung eines selbstverwalteten Gesundheitszentrums für die Kinder von Fukushima verursacht. Völlig "ausgelassen" haben bisher noch die Gewerkschaften. Da steht uns noch zähe Überzeugungsarbeit bevor.

Wir konnten durch unsere Kundgebung im Vorfeld eine erstaunlich gute Medienresonanz erzielen - Artikel in STANDARD und WIENER ZEITUNG sind für politisch profilierte Solidaritätskomitees äußerst rar. Umso enttäuschender - und das ist jetzt meine persönliche Anmerkung - war die geringe persönliche Beteiligung an der heutigen Kundgebung. Natrlich - das Wetter war unfreundlich. Nur: Unter welchen Bedingungen leben wohl jetzt seit einem Jahr jene 160.000 Menschen, die aus der Evakuierungszone rund um Fukushima Daiichi in Zeltstädte und Notquartiere umgesiedelt wurden? Eine Stunde gegen ein Jahr - ist das wirklich ein so großes Opfer?

Aber - die Solidaritätsarbeit geht weiter. Trotz des Frusts, den wohl alle heute Anwesenden verspürt haben, werden wir die Arbeit fortsetzen. Wir haben diese Kundgebung so durchgeführt, wie wir sie geplant haben (wir habe nur insofern gestrafft, als wir die Statements der am Komitee beteiligten Organisationen gekappt haben); das waren wir nicht nur jenen, die gekommen sind, sondern vor allem unseren Freundinnen und Freunden in Japan schuldig, für die jedes Zeichen der internationalen Solidarität dankbar sind.

In diesem Sinne: Danketsu - Solidarität!

Kurt

--
Solidaritätskomitee mit den Werktätigen in Japan
Kontakt: japankomitee @ gmail.com
Postanschrift: Stiftgasse 8, 1070 Wien
Website: japankomitee.wordpress.com

Botschaft aus Fukushima

Dear friends all over the world,
On March 11th 2012, the first commemoration day of the Fukushima nuclear disaster, 16,000 people gathered in Koriyama city in Fukushima prefecture, filled with anger against TEPCO and Japanese government.
Block restarting of any nuclear power plant in periodical inspection!
Stop exportation of nuclear power plants to Vietnam, Jordan and other countries!
Abolish all nuclear power plants immediately!

doro-chiba{at]doro-chiba.org
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Video
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Diskussion zur Stellungnahme der MI in der NAO-Debatte

I. Unter dem Titel Parteiaufbau und Taktik hat der Blogger Systemcrash die Stellungnahme der Marxistischen Initiative heftig kritisiert, ihr Fieberwahn attestiert und "außerparlamemntarischen Reformismus" vorgeworfen.

Die Kritik findet sich hier:

http://systemcrash.wordpress.com/

II. Hier die Antwort von Dieter:

Schwierigkeiten mit der Einheitsfront?
Eine Replik auf Systemcrashs Kritik am MI-Papier


Zur politischen Ausgangslage – wo leben wir denn?
Systemcrash moniert, daß der MI-Beitrag von einer “erschütterung der traditionellen Herrschaftssysteme in der BRD“ spricht. Das ist nicht ganz richtig. Und die Einschätzung, daß das eine „katastrophistische Sicht“ sei, kann ich auch nicht nachvollziehen. Diese Bewertung lät den Zusammenhang der Aussage außer Acht: der lautet:
„Die wachsende existentielle Unsicherheit immer breiterer Schichten der lohnabhängigen Bevökerung hat auch in der BRD zu einer Erschütterung des traditionellen politischen Herrschaftssystems geführt – was sich nicht zuletzt in einer Vertrauenskrise zwischen Wählerinnen und Wählern der parlamentarisch vertretenen Parteien niederschlägt, in Unzufriedenheit und dem Wunsch nach tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen.“

Erst einmal ist vom traditionellen politischen Herrschaftssystem nur in der Einzahl die Rede. Dessen Erschütterung zu diagnostizieren ist weder im Hinblick auf die Diagnose noch hinsichtlich der Sache selbst eine Katastrophe. Letzteres erleichtert Linken die Arbeit. Erschütterung bedeutet nicht Zusammenbruch, sondern ist (nach dem Gedankenstrich) näher ausgeführt.

Ich nehme an, saß Systemcrash die folgende Aussage des MI-Papiers irritiert hat:

„In immer mehr Ländern spitzen sich die Widersprüche so sehr zu, daß die im imperialistischen Zeitalter historische Alternative Revolution oder Konterrevolution greifbare Realität wird.“

Aber Systemcrash schreibt selbst: „richtig ist, dass das weltsystem im ganzen in eine krise geraten ist“. Stimmt. Seine weiteren Feststellungen bezüglich der Revolutionen, die steckengeblieben sind oder die Länder, in denen es gelang, den Massenbewegungen und –Revolten die Spitze zu nehmen, sind o.k. Aber sie ändern bisher wenig an der Tatsache, daß diese Krise des kapitalistischen Weltsystems anhält.

Das ist keine akademische Frage. In Griechenland, dem Brennpunkt des revolutionären Prozesses in Europa, wollen 35 % der Bevölkerung (d.h. offenbar ein noch deutlich höherer Prozentsatz der Arbeiterklasse) die sozialistische Revolution. Auch anderswo gibt es das Massenbewußtsein verändernde Klassenkampferfahrungen – die in aller Regel von den bürgerlichen Massenmedien totgeschwiegen werden. Die MI ist deshalb der Ansicht, daß die Frage nach der historischen Alternative zum Kapitalismus, d..h. nach dessen Aufhebung und nach der sozialen Revolution für immer größere Teile der internationalen Klasse der Lohnabhängigen an Aktualität gewinnt. In Griechenland ist das schon der Fall.

Vielleicht haben wir Systemcrash mit der Benennung der historischen Alternative Revolution oder Konterrevolution erschreckt. Bei Rosa Luxemburg hieß es Sozialismus oder (kapitalistische) Barbarei. Die MI ist der Ansicht, daß die herrschende Klassen kapitalistischen Länder nur einen Ausweg aus der Krise hätten, nämlich die bisherigen Errungenschaften der Arbeiterbewegung zu zerstören. Das bedeutet, daß wir vor einer längeren Periode des zugespitzten Klassenkampfs von oben stehen. Wenn in den kommenden Klassenkämpfen kein Parteibildungs- und Aufbauprozeß stattfindet, landen wir in der Barbarei: Politisch in Polizeistaaten und Militärdiktaturen, sozioökonomisch würde auch in den imperialistischen Metropolen die Massenarmut drastisch zunehmen und eine ökologische Kartastrophe droht auch noch. Die revolutionären Linken haben deshalb nicht unbegrenzt Zeit.

Systemcrash Feststellung: „es existiert keine politische kraft mit Masseneinfluss in der welt, die ein “revolutionäres programm” vertritt.“ Ist sicherlich richtig. Aber seine Diagnose, die MI leide unter Fieberwahn, weil sie davon ausgeht, daß sich besssere Bedingungen abzeichnen, diesen Zusatnd national wie international zu überwinden, kann ich nicht nachvollziehen.

Die Frage nach den Adressaten der NAO-Initiative und nach den notwendigen theoretischen Diskussionen
Die Einheit der „subjektiven Revolutionäre“ hält die MI ganz sicher für erstrebenswert. Das MI-Papier hat deshalb aber nicht kritisiert, daß sich diese Initiative nicht an diverse ML-Gruppierungen und die MLPD richtet. Die leise Kritik richtet sich dagegen, dies nicht ausgesprochen und begründet zu haben.

Dem liegt die Auffassung zugrunde, daß die Mitglieder und Anhänger dieses Spektrums sich selbst als Revolutionäre sehen, in aller Regel sogar als die wahren Revolutionäre. Umgekehrt bin ich z.B. der Überzeugung, daß die Politik und die Programme diverser ML-Gruppen keineswegs revolutionär sind. Für die meisten ML-Gruppen sind demgegenüber mit einiger Sicherheit die Kräfte, die das NAO-Projekt begrüßen, nicht revolutionär. Das dürfte der eigentliche Grund dafür sein, daß ein spektrumübergreifender Dialog in Sachen Parteiaufbau nicht stattfindet. Die DKP steht tatsächlich zwischen diesen Polen, was bedeutet, daß mit ihr auch gemeinsame praktische Aktivitäten stattfinden.

Die Diagnose bezüglich eines tiefgehenden Grabens zwischen den beiden Spektren und womöglich auch innerhalb der Spektren heißt nicht, daß theoretische Debatten nicht stattfinden sollten. Aber bisher finden sie nur am Rande statt. Kritiken bleiben häufig einseitig.

Die alles entscheidende Frage ist, wie bestehende Differenzen überwunden werden können. Ich glaube, daß der Wunsch nach Klärung aller historisch bedeutsamen Differenzen als Voraussetzung eines Verschmelzungsprozesses illusionär ist. Wer die heutige Politik der herrschenden Klassen des kapitalistischen Weltsystems effektiv bekämpfen will, muß nicht darüber Einigkeit erzielt haben, welche historische Imperialismustheorie die Beste ist oder ob der Kapitalismus irgendwann von selbst zusammenbricht oder nicht. Dasselbe gilt für die Industrialisierungsdebatte in der Sowjetunion oder die richtige Haltung der Revolutionäre im spanischen Bürgerkrieg. Das Schlimme am Wiederaufleben solcher historischen Debatten ist nicht der Wunsch, die Geschichte zu verstehen. Das ist der positive Aspekt an ihnen. Und sie haben ihren Platz. Aber sie müssen nicht nachträglich im Wolkenkuckucksheim von revolutionären Historikern entschieden werden. Zudem werden sie immer nur von wenigen kompetent geführt werden. Alle anderen schauen den klugen Köpfen zu und können die wenigsten Thesen anhand ihrer eigenen Erfahrungen überprüfen. Diese Debatten führen zu Lagerbildungen, die mehr die Sympathien der Beteiligten zu den Wortführern der Debatte zum Ausdruck bringen als wirkliche politische Entscheidungen. Ich ziehe deshalb die Debatte um konkrete politische Projekte vor. Da dürfen und sollen die theoretisch versierten Beteiligten ihre Weisheit einbringen. Demokratischer ist das allemal: Jeder weiß, wovon die Rede ist und kann auf der Basis seiner unmittelbaren Erfahrungen entscheiden.

Parteibildungsprozeß der Arbeiterklasse und Parteiaufbau
Der Aufbau einer revolutionären Partei findet nicht im luftleeren Raum statt. Er kann nur dort erfolgreich sein, wo zugleich in der Arbeiterklasse selbst ein Parteibildungsprozeß stattfindet, d.h. dort, wo trotz der Befangenheit in bürgerlichen Verhältnissen ein kollektivistisches bzw. sozialistisches Bewußtsein entsteht. Natürlich fußt dies auf der elementaren Erfahrung, daß die eigenen Bedürfnisse mit den bürgerlichen Verhältnisen und damit mit den Interessen der Bourgoisie in Konflikt stehen. Entwickeln kann sich sozialistisches Klassenbewußtsein – mit wenigen Ausnahmen, wo der Bewußtwerdungsprozeß über theoretisch-wissenschaftliche Praxis verläuft – nur im gewerkschaftlichen und politischen Klassenkampf. Nur dort kann sich die Klasse der Lohnabhängigen als Kollektiv erfahren, ihre Stellung zur herrschenden Klasse als Klassenposition erkennen und sich ihrer kollektiven Bedürfnisse bewußt werden. Deshalb muß sich die Arbeiterklasse in ihrer Selbstbewegung von der bürgerliche Ideologie befreien. Das ist, wie Marx schon im Manifest der Kommunistischen Partei feststellte, kein geradliniger, nur in eine Richtung verlaufender Prozeß. Aber nur dort, wo sich dieser Prozeß weit genug entwickelt, kann der Aufbau einer einflußreicheren revolutionären Partei gelingen.

Die MI sieht daher den Parteiaufbau als ein Stück Selbstorganisation des Proletariats. Das setzt eine revolutionäre Taktik der bereits organisierten Revolutionäre voraus. Aber umgekehrt ist eine Taktik auch nur dann praktisch revolutionär, wenn sie den Selbsterfahrungsprozeß der Arbeiterklasse organisiert und fördert. Wir nennen diesen Prozeß einen revolutionären Prozeß. Systemcrash scheint damit nicht einverstanden.

Er moniert:
„weiterhin fällt mir in dem MI statement eine vermischung von “sozialer bewegung” und “parteiaufbau” auf, die vieles an “bewegungen” als “revolutionär” hochstilisiert, was aber de facto maximal gradualistisch ist. es wird so getan, als ob solche bewegungen direkt einen revolutionären input hätten, während in wirklichkeit so ein input erst durch die intervention einer revolutionären kraft entstehen kann.“ In der Folge setzt er eine längfristig angelegte Mobilisierungskampagne mit einheitsfrontperspektive sogar gegen (!) die „Organisierung der Avantgarde“. Das ist in mehrfacher Hinsicht problematisch.

Der Ausgangspunkt, die Vorstellung von Systemcrash, eine Bewegung sei nur durch den input revolutionärer Taktik der Revolutionäre revolutionär, ist bereits unrichtig. Das Subjekt der sozialistischen Revolution ist die Arbeiterklasse. Deren Selbstverwandlung von einem Objekt bürgerlicher Verhältnisse in ein Subjekt des Kampfes um die politische Macht und der eigenen kollektiven Organisierung als gesellschaftlich handelndes Kollektiv, bezeichne ich als revolutionären Prozeß. Dieser beginnt elementar, mit der Selbsterfahrung als kollektives Subjekt und damit einhergehender Bewußtwerdung erst kleiner, dann immer größer werdender Teile der Klasse. So, wenn auch mit anderen Worten, beschrieben es Marx und Engels bereits im Manifest der Kommunistischen Partei. Revolutionärer Prozeß und Revolution sind nicht dasselbe. Die Revolution beginnt demgegenüber natürlich erst in dem Augenblick, in dem die Klasse der Lohnabhängigen selbst massenhaft zu handeln und zu kämpfen beginnt, indem die normale Routine der bürgerlichen Gesellschaft in großem Maßstab durchbrochen wird.

Einer Massenbewegung, die die politischen Machtverhältnisse in Frage stellt, wie in Ägypten und selbst in Bahrein, wo 2011 nur der Übergang von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie gefordert wurde, nenne ich deshalb revolutionär, weil sie sich im Konflikt der lohnabhängigen und kleinbürgerlichen Massen mit den herrschenden Klassen dieser Länder entwickelte, außerhalb des institutionellen Rahmens dieser Länder. Diese Bewegungen waren nicht zuletzt deshalb revolutionär, weil sie Ausdruck der Auflehnung der Massen gegen die herrschenden bürgerlichen Verhältnisse waren. Es ist also ein fundamentaler Irrtum, diese Bewegungen nur danach zu beurteilen, wer sie politisch führt. Wäre eine solche Betrachtungsweise richtig, wäre die russische Februarrevolution nicht der Auftakt zur Oktoberrevolution gewesen, sondern eine rein bürgerliche Angelegenheit. Das war die Februarrevolution eben unabhängig von ihrer prokapitalistischen Führung (Menschewiki und Sozialrevolutionäre nicht, weil sie trotz ihrer bürgerlichen Führung eine Bewegung der Arbeiterklasse und besonders der kleinbäuerlichen Schichten war. Dieser objektive Widerspruch verlieh ihr eine Dynamik, die die Grundlage der weiteren Vertiefung des revolutionären Prozesses gewesen ist.

Für Systemcrash ist der „revolutionäre input“ der Bewegungen eine rein äußerliche Sache, nicht das Resultat der immanenten Selbstbewegung der Revolution. Das offenbart leider ein ziemlich mechanistisches Verständnis der Rolle der Partei im Klassenkampf. Darüberhinaus wird der Klassencharakter der revolutionären Partei zu einem Fabelwesen, das sich außerhalb des Klassenkampfs und unabhängig von der proletarischen Bewegung entwickelt.

Es überrascht mich daher auch nicht, daß Systemcrash den Aufbau einer revolutionären Partei allem Anschein nach als Resultat eines weitgehend theoretischen Diskussionsprozesses zwischen revolutionär gesinnten und diskussionsbeeiten Linken sieht – die „Organisierung der Avantgarde“ findet bei ihm ohne inneren Zusammenhang mit dem Parteibildungsprozeß innerhalb der Arbeiterklasse statt. Ich fürchte, dieses Verständnis ist mehr Ausdruck der relativen gesellschaftlichen Isolation der Revolutionäre denn ein tragfähiges politisches Konzept. Das Konzept ist - auch innerhalb der breiteren trotzkistischen Bewegung - oft genug verfolgt worden und bisher noch jedesmal gescheitert. Leider habe ich diese Erfahrung selbst machen müssen.

Meiner Ansicht nach kann ein Parteiaufbau nur dann verwirklicht werden, wenn ein produktiver Streit darum geführt wird, die aktuelle klassenpolitische Lage national wie international zu verstehen, wenn darüber diskutiert wird, wie unter diesen Verhältnissen für die Befriedigung der Bedürfnisse und für die gemeinsamen Interessen der Lohnabhängigen gekämpft werden kann und darüber, wie möglichst viele Lohnabhängige in diesen Kampf einbezogen werden können. Wenn wir uns daran machen, können auch alte theoretische Debatten im Lichte neuer Erfahrungen und Erkenntnisse aufgegriffen und fruchtbar gemacht werden.

Einheitsfront, Aktionsprogramm und „außerparlamentarischer Reformismus“
Systemcrash schreibt:
„abgesehen davon, dass “einheitsfronten” (oder aktionseinheiten) gemeinsame AKTIONEN (punktueller natur) bei BESTEHENDEN POLITISCHEN DIFFERENZEN sind, wäre so ein programm nur die grundlage eines ausserparlamentarischen reformismus“

Das MI-Papier zur NAO enthält einen Abschnitt zu diesem Thema. Es begründet, weshalb Aktionseinheiten wie in den letzten Jahren gehabt in aller Regel keine Einheitsfronten in dem Sinne sind, wie sie in der Kominterndiskussion (3. und 4. Welrkongreß der KI) konzipiert wurden sind. Systemcrash geht darauf nicht konkret ein. Auch im Lichte der damals geführten Debatten sind übrigens punktuelle Aktionseinheiten allenfalls ausnahmsweise Einheitsfronten.
Die Positionen der Komintern zur Einheitsfront finden sich hier:
http://www.marxismus-online.eu/debatte/programm/einheitsfront/index.html

Die von der Linken Opposition der KPD im Kampf gegen den Faschismus propagierte Einheitsfront war als umfassendes Kampfabkommen zwischen SPD, KPD, Gewerkschaften und Selbstverteidigungsorganisationen konzipiert. Die Auffassung von Systemcrash zu dieser Frage findet keine Stütze in der Tradition, auf die er sich selbst beruft. Hierzu eine Quelle:
http://marxists.catbull.com/deutsch/archiv/trotzki/1932/wasnun/kap08.htm

Eine antifaschistische Einheitsfront zwischen SPD und KPD hätte 1929-33 niemals auf der Basis eines revolutionären, sozialistischen Programms geschlossen werden können. Die SPD war strikt gegen die Entstehung von Räten, sie verteidigte die parlamentarische Demokratie und den Kapitalismus. Ein Kampfabkommen konnte sich nur auf (bürgerlich-) demokratische Ziele beschränken: Den Erhalt bzw. die Verteidigung demokratischer Freiheiten und der Freiheit gewerkschaftlicher Tätigkeit, die gemeinsame Abwehr und Zerschlagung faschistischer Terrorbanden wie der SA, im Parlament die gemeinsame Ablehnung des Notverordnungsregimes. Bei einer solchen Einheitsfront wäre alles im bürgerlichen Rahmen geblieben und trotzdem war der Vorschlag alles andere als reformistisch. Auch die zwischen SPD und KPD bestehenden Differenzen wären nicht übertüncht, sondern nur zeitweilig ausgeklammert worden, um gemeinsame Aktionen im gemeinsamen Interesse zu ermöglichen. Die KPD hätte weiter um Mehrheiten für die Revolution ringen können. Im gemeinsamen Kampf mit der SPD hätten alle Beteiligten neue Erfahrungen gemacht. Die KPD hätte das Vertrauen erheblicher Teile der Basis der SPD gewinnen können, der Einfluß der KPD wäre gestiegen und die Voraussetzungen für den Kampf um den Sozialismus hätten sich verbessert. Eben das war der Grund, weshalb die Führung der Sozialdemokratie die Einheitsfront gegen den Faschismus fürchtete.

Übertrüge man die Logik von Systemcrash, der ein auf ein einige Teilforderungen begrenztes Kampagnen- bzw. Bündnisprojekt als „außerparlamentarischen Reformismus“ ansieht, hätte die KPD im antifaschistischen Kampf ein sozialrevolutionäres Programm zur Grundlage einer Einheitsfrontinitiative machen müssen. Das hat sie bekanntlich getan. Wir wissen alle, welche Folgen das hatte.

Die Auffassung, es gebe „außerparlamentarischen Reformismus“ geht an der Wirklichkeit vorbei: Die reformistischen Strategen orientieren auf die Parlamente, nicht auf realen, massenhaften Widerstand und außerparlamentarischen Kampf für die Interessen der Arbeiterklasse. Gerade das ermöglicht es Revolutionären, im außerparlamentarischen Kampf für Reformen und demokratische Freiheiten, Teil- und Übergangsforderungen, einen Beitrag zur Zerstörung reformistischer Illusionen zu leisten und Vertrauen zu gewinnen. Auf diese Weise kann der Parteiaufbau im Klassenkampf und nicht außerhalb des Klassenkampfs stattfinden.

Die Position der MI ist übrigens ganz altbacken und entspricht der der Komintern in ihren frühen Jahren. Wer es nachlesen möchte, findet sie hier:
http://www.marxismus-online.eu/archiv/klassiker/schriftenzumprogramm/uprog3.html

Eine letzte Anmerkung:
Der Vorschlag der MI für die politische Grundlage einer längerfristig angelegten Kampagne gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Lohnabhängigen ist kein revolutionäres Aktionsprogramm. Ein solches hat die MI vor einiger Zeit diskutiert. Dabei war sie sich darüber klar, daß ein revolutionäres Aktionsprogramm heute stark propagandistischen Charakter hat und nur in Grundzügen Perspektiven andeuten kann.

Dieser Text findet sich hier:
http://www.marxismus-online.eu/display/dyn/xf3941674-d660-4269-b017-e539fc1ba31f/content.html

Eine basisorientierte Dauerkampagne gegen die Krisenpolitik der herrschenden Klasse (über die Forderungen im einzelnen kann man problemlos diskutieren) halte ich dagegen für realisierbar.

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